BGH, Urteil vom 25.02.2010 – VII ZR 64/09 – veröffentlicht in NZBau 2010, 318

Entscheidung
Die Parteien streiten über die Erfüllung eines Statikervertrages. Der Bauherr beauftragte den beklagten Ingenieur mit der Erstellung der Tragwerksplanung auf Grundlage der Architektenplanung. Das vom Tragwerksplaner in Rechnung gestellte Honorar wurde vom Bauherrn bezahlt. Während des Bauverlaufs war die Planung des Architekten in Abstimmung mit dem Bauherrn geändert worden. Die Bauleistungen wurden in der Folge abgenommen, der Bauherr zog in sein Haus ein. Eine ausdrückliche Abnahme der Planungsleistungen des Tragwerksplaners erfolgte nicht. Im Nachgang überreichte der Tragwerksplaner Pläne und statische Berechnungen. Der Bauherr war damit im Besitz der gesamten Tragwerksplanung, die als Grundlage für die tatsächliche Bauausführung diente.

Der Bauherr macht nunmehr geltend, der Tragwerksplaner habe seine Herausgabepflicht nicht vollständig erfüllt, weil die vorgelegte Statik die geänderte Ausführung betreffe, nicht jedoch auf der Grundlage der Architektenpläne erstellt sei, die dem Vertrag zugrunde gelegen hätten.

Sowohl das Amtsgericht als auch das Berufungsgericht haben die Klage des Bauherrn abgewiesen. Zu Recht, wie der BGH bestätigt.
Denn dem Bauherrn stehen keine Erfüllungsansprüche gegenüber dem Tragwerksplaner mehr zu, da er die Leistungen des Tragwerksplaners – so der BGH – konkludent abgenommen hat. Dabei führt der BGH aus, dass eine Abnahme nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent, d. h. durch schlüssiges Verhalten des Auftraggebers, erklärt werden kann. Konkludent handelt der Auftraggeber, wenn er dem Auftragnehmer gegenüber erkennen lässt, dass er dessen Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß billigt. Erforderlich ist ein tatsächliches Verhalten des Auftraggebers, das geeignet ist, seinen Abnahmewillen dem Auftragnehmer gegenüber eindeutig und schlüssig zum Ausdruck zu bringen. Ob eine konkludente Abnahme vorliegt, beurteilt sich daher grundsätzlich nach den Umständen des Einzelfalls.
Beim Werk eines Statikers liegt eine konkludente Abnahme vor, wenn der Auftraggeber dessen Pläne entgegennimmt und ihm gegenüber zu erkennen gibt, er wolle die Leistung als in der Hauptsache dem Vertrag entsprechend billigen. Allerdings nimmt der BGH zugunsten des Auftraggebers hier die Abnahme erst nach einer angemessenen Prüffrist (hier drei Monate) an, vor deren Ablauf eine Billigung des Werks redlicherweise nicht erwartet werden kann. Die konkludente Abnahme der Tragwerksplanung kann daher – so der BGH – darin liegen, dass der Besteller nach Fertigstellung der Leistung, Bezahlung der Rechnung des Tragwerksplaners und mehrere Monate nach Einzug in das nahezu fertig gestellte Bauwerk keine Mängel der Tragwerksplanung rügt.

Mit Abnahme aber besteht grundsätzlich kein Erfüllungsanspruch mehr. Dem Auftraggeber stehen wegen Mängeln nur mehr noch die Gewährleistungsansprüche zu. Vorhandene bekannte Mängel hat sich der Auftraggeber bei der Abnahme vorzubehalten. Dies gilt auch bei der konkludenten Abnahme. Auch bei einer konkludenten Abnahme kommt es gemäß § 640 Abs. 2 BGB zu einem Rechtsverlust, wenn der Auftraggeber sich die Rechte wegen der ihm bekannten Mängel nicht vorbehält.  

Praxishinweis
Der konkludenten Abnahme von Planungsleistungen wird mit diesem Urteil eine hohe Bedeutung zugemessen. Wann die konkludente Abnahme vorliegt, richtet sich nach dem Einzelfall, wobei laut BGH eine angemessene Prüffrist zu berücksichtigen ist. Im Streitfall wird somit ggf. erst im Nachhinein durch ein Gericht festgestellt werden, ob und wann die Abnahmewirkungen eingetreten sind. Dann kann der Auftraggeber, der sich bekannte Mängel nicht ausdrücklich vorbehalten hat, sein Recht auf Minderung, Nachbesserung oder Ersatzvornahme verloren haben. Dem Auftraggeber ist daher geraten, mit Zahlung des Honorars und bei Entgegennahme von Planungsleistungen diese tatsächlich zu prüfen und bekannte Mängel zu rügen. Soll eine Abnahme trotz Schlusszahlung nicht erfolgen, ist dies ausdrücklich mitzuteilen. Planer hingegen sollten sich viel öfter auf eine konkludente Abnahme berufen, soweit die Einzelfallvoraussetzungen hierfür gegeben sind.