Der Kläger bot dem Beklagten im Januar 2021 Leistungen der energetischen Fachplanung und Gebäudeplanung an. Sein Angebot umfasste verschiedene Positionen wie Baubegleitung, Lüftungskonzept, Heizlastberechnung und weitere ingenieurtechnische Dienstleistungen, für die jeweils Honorarpauschalen angeboten wurden. Der beklagte Bauherr nahm das Angebot an. Aufgrund von Streitigkeiten wurde der Vertrag gekündigt und der Kläger machte sein Honorar gemäß Angebot geltend. Der Beklagte weigerte sich, ein Honorar zu bezahlen, weil der Vertrag wegen verzögerter Leistungserbringung des Klägers gekündigt und die Leistungen für ihn daher wertlos seien.

Da es dem Kläger nicht gelang, die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen schlüssig darzulegen und von den nicht erbrachten Leistungen abzugrenzen, verurteilte das Landgericht den Beklagten zur Zahlung lediglich eines geringen Teils und sah die Abrechnung der Pauschalen im Übrigen an nicht prüfbar an. Nach Abschluss der mündlichen Verhandlung stellte der Kläger daher nachträglich eine neue Schlussrechnung auf Basis der Mindestsätze des § 55 HOAI und rechnete so die Leistungsphasen 1 – 3 und 5 – 6 ab.

 

Die Entscheidung

Das OLG Düsseldorf hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Hinsichtlich der Abrechnung von Honorarpauschalen nach Kündigung reiche es nicht, ohne nähere Begründung die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen mit Prozentsätzen zu bewerten und die erbrachten Leistungen unkommentiert durch die Übermittlung von Anlagenkonvoluten darzulegen.

Auch die neue Schlussrechnung auf Basis der HOAI-Mindestsätze greife nicht, da das Honorar des Architekten nach der Neufassung der HOAI 2021 (§ 7 Abs. 1 Satz 1 HOAI) allein danach bestimmt werde, was die Parteien in Textform vereinbart haben, ohne eine Bindung an Mindest- und Höchstsätze.

Zudem aber habe der Kläger die Regelungen der §§ 650p, 650r BGB nicht beachtet, denn seinem Angebot seien die wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele nicht zu entnehmen. Der Kläger habe daher dem Bauherrn zunächst eine Planungsgrundlage zur Zustimmung vorlegen müssen. Da dies nicht erfolgt sei, könne der Kläger kein Honorar für solche Leistungen verlangen, die erst nach Abschluss der sog. Zielfindungsphase zu erbringen waren. Eine Vergütung könne daher nicht für Leistungen verlangt werden, die erst nach Abschluss der Zielfindungsphase zu erbringen waren.

 

Praxistipp

Der wichtigste Aspekt, der in diesem Urteil hervorgehoben wird, ist die Beachtung der Zielfindungsphase gemäß §§ 650p, 650r BGB. Das OLG Düsseldorf stellt hier strikt auf das Erfordernis des Durchlaufens der seit 2018 im BGB gesetzlich vorgesehenen sog. Zielfindungsphase ab. Da diese Zielfindungsphase in vorliegendem Fall nicht stattfand, sah das OLG Düsseldorf alle Leistungen des Architekten, die über die Zielfindung und eine hierzu zunächst einzuholende Zustimmung des Auftraggebers hinausgehen, als „vorpreschend“ an, und versagte dem Architekten deshalb hierfür einen Honoraranspruch.

Soweit die wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele noch nicht feststehen, haben Architekten und Ingenieure dem Auftraggeber gemäß § 650p Abs. 2 BGB zunächst eine klare Planungsgrundlage zur Ermittlung der Ziele mit einer Einschätzung der zu erwartenden Kosten zur Zustimmung vorzulegen. Gemäß § 650r BGB besteht dann unter den dort genannten Grundsätzen zugunsten des Auftraggebers ein Sonderkündigungsrecht. Erst wenn die Zustimmung des Auftraggebers vorliegt, darf der Planer seine Leistungen – jetzt ausgerichtet auf die von ihm ermittelten und vom Auftraggeber genehmigten Planungs- und Überwachungsziele – fortsetzen.

Steht die Planungsaufgabe des Architekten/Ingenieurs bezüglich der wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele bereits bei Vertragsabschluss fest, und erfolgt die Beauftragung von Beginn an zielgerichtet, so ist dem Architekten/Ingenieur folglich dringend anzuraten, dies ausdrücklich und eindeutig im Vertrag aufzunehmen und vertraglich zu regeln, dass die Zielfindungsphase von beiden Parteien als abgeschlossen erachtet wird, um im Streitfall spätere Honorarverlusten zu vermeiden.

 

 

Alexandra Riemann

Rechtsanwältin

Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht