BGH, Urteil vom 21.12.2011 – VIII ZR 70/08
Bei einem seitens eines Unternehmers geschlossenen Vertrag über die Lieferung von Baustoffen haftet der Lieferant nicht für die Kosten, die durch den Ein- und Ausbau des mangelhaften Baustoffs im Rahmen der Mängelbeseitigung entstehen.
Der BGH hatte 2009 dem EuGH u. a. die Frage vorgelegt, ob sich ein Lieferant im Falle der Mangelhaftigkeit eines gelieferten Verbrauchsguts, darauf berufen kann, dass die vom Käufer verlangte Art der Nacherfüllung unverhältnismäßig ist. Weiter hat der BGH angefragt, ob die es die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie gebietet, dass der Verkäufer bei der Herstellung des vertragsgemäßen Zustands auch die Kosten für den Ausbau zu tragen hat.
Der EuGH hat diese Frage im Jahr 2011 bejaht. Diese Entscheidung war jedoch vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie eben nur für Fälle des Verbrauchsgüterkaufs in nationales Recht umzusetzen war. Da der deutsche Gesetzgeber bei der einschlägigen Regelung in § 439 BGB allerdings nicht zwischen dem Verbrauchsgüterkauf und Kauf im Übrigen differenziert hat, war offen, wie diese Regelung für Kaufverträge von Unternehmern auf Käuferseite auszulegen ist. Der BGH ist der Ansicht, dass § 439 BGB nur bei Verbrauchsgüterkaufverträgen im Sinne der EuGH-Rechtsprechung einschränkend und damit verbraucherfreundlich auszulegen ist.
Praxistipp
Die Entscheidung hat damit nur Folgen für den Verbrauchsgüterkauf. Für Bauunternehmen, die Baustoffe von Lieferanten beziehen, bleibt es daher „beim Alten“: Lieferanten haben nur eine mangelhafte Sache im Wege der Nachlieferung zu leisten. Das Risiko weitergehender Kosten, die im Rahmen der Mängelbeseitigung entstehen, trägt wie auch bisher der Unternehmer. Etwas anderes gilt allenfalls, wenn dem Verkäufer ein Verschulden zur Last gelegt werden kann, was allerdings nur sehr selten der Fall sein wird. Soweit der Bauunternehmer das Kostenrisiko auf den Baustofflieferanten abwälzen will, muss er eine gesonderte, vertragliche Vereinbarung mit diesem treffen; dies ist in der Praxis allerdings nicht üblich.
Rechtsanwältin Dr. Ines Gassner
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
Hinterlasse einen Kommentar