BGH, Urteil vom 28.07.2011 – VII ZR 65/10
Mit dem vorgenannten Urteil hat der Bundesgerichtshof eine eindeutige Entscheidung zu einer in der Praxis vielfach vernachlässigten Leistung des Architekten getroffen. Das Führen eines Bautagebuchs gehört zum Leistungsbild der Objektüberwachung und stellt eine Grundleistung der Leistungsphase 8 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI (alte Fassung) und Anlage 11 zu § 33 HOAI (neue Fassung) dar. Vereinbaren die Parteien eines Architektenvertrages daher, dass für den Inhalt und Umfang der werkvertraglichen Leistungspflichten des Architekten das Leistungsbild des § 15 Abs. 2 HOAI (alte Fassung) gilt, so hat der Architekt immer – und nicht nur auf besonderen Bauherrenwunsch – ein Bautagebuch zu führen. Ein solches sieht der BGH als grundsätzlich immer erforderlich an. Der BGH betont dabei ausdrücklich Sinn und Bedeutung eines Bautagebuchs: Es hat den Zweck, das Baugeschehen mit allen wesentlichen Einzelheiten zuverlässig und beweiskräftig festzuhalten, um insbesondere bei Störungen des Bauablaufs oder Auseinandersetzungen mit Baubeteiligten auf eine Dokumentation zurückgreifen zu können. Bei Umbauten und Sanierungsmaßnahmen kommt zudem der Dokumentation von Abweichungen vom vorausgesetzten Bestand erhebliche Bedeutung zu.
Kommt der Architekt dieser Verpflichtung nicht nach, hat er einen geschuldeten Teilerfolg nicht erbracht, so dass sein Werk mangelhaft ist. Der Auftraggeber ist grundsätzlich gemäß § 634 BGB zur Minderung des Architektenhonorars verpflichtet. Dies in der Regel auch ohne Fristsetzung zur Nacherfüllung, da ein Bautagebuch nachträglich nicht mehr zuverlässig erstellt werden kann.
Praxistipp
Die Pflicht zum Führen des Bautagebuchs als Grundleistung der Leistungsphase 8 besteht unabhängig von der Größe und Komplexität eines Bauvorhabens. Wird das Bautagbuch nicht geführt und nach Abschluss der Baumaßnahme nicht zumindest in Kopie an den Bauherrn ausgehändigt, kann das Honorar folglich anteilig gekürzt werden. Die einschlägigen und gemäß BGH heranzuziehenden Honorartabellen (z. B. Steinfort/Siemon/Simmendinger) setzen für das Führen des Bautagebuchs 0,1 bis 1,0 Honorarprozentpunkte an.
Dem Architekten selbst sei angeraten, ein Bautagebuch schon im eigenen Interesse sorgfältig zu führen, um auch für die von ihm selbst erbrachten Leistungen eine zuverlässige Beweislage zu schaffen.
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