OLG Dresden, Beschluss vom 03.12.2009 – 3 W 1228/09 – veröffentlicht in NZM 2010, 447
Die Beschwerdeführerin ist eine Maklerin. Sie wollte durch Einsicht in die Grundakten in Erfahrung bringen, wie hoch der Kaufpreis eines nach ihrer Darlegung von ihr vermittelten Grundstücks war. In den Grundakten befindet sich unter anderem auch der Kaufvertrag, aus dem sich dieser Kaufpreis ergibt. Die Grundstückskäufer enthielten ihr diese Auskunft vor, die zur Errechnung der angefallenen Maklerprovision erforderlich ist. Das Grundbuchamt verweigerte der Maklerin diese Auskunft mit der Begründung, dass ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 12 GBO nicht ausreichend dargelegt wurde. Dagegen wendet sich die Maklerin im Rahmen einer Beschwerde.
Entscheidung
Die Beschwerde der Maklerin hat keinen Erfolg. Zunächst führt das Gericht aus, dass das Einsichtsrecht gemäß § 12 GBO nicht alleine auf das Grundbuch selbst beschränkt ist. Gemäß §§ 12 Abs. 3, 10 GBO i.V.m. § 46 Abs. 1 GBV kann grundsätzlich auch Einsicht in die gesamten Grundakten gewährt werden. In den Grundakten sind auch die Kaufverträge, aus denen sich der Kaufpreis ergibt, enthalten. Allerdings sind für ein derart umfassendes Einsichtsrecht besonders strenge Maßstäbe an das gemäß § 12 Abs. 1 GBO darzulegende „berechtigte Interesse“ des Einsichtersuchenden anzulegen. Ein berechtigtes Interesse ist nur gegeben, wenn die Antragsstellerin ein nach allgemeiner Ansicht verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse verfolgt. Auch ein rein wirtschaftliches Interesse ist dabei ausreichend. Aufgrund des Umfangs der Informationen, die in den vollständigen Grundakten enthalten sind, stellt die Einsichtsgewährung jedoch einen erheblichen Grundrechtseingriff dar, so dass das Gericht eine besonders sorgfältige Prüfung hinsichtlich des berechtigten Interesses durchzuführen hat. Zunächst führt das Gericht aus, dass im vorliegenden Fall grundsätzliche Bedenken hinsichtlich eines Einsichtsrechts bestehen. Die Maklerin hätte andere Möglichkeiten besessen, Kenntnis vom Kaufpreis zu erlangen. Zunächst hätte sie den Kaufpreis im Rahmen einer Stufenklage auf Provisionszahlung gegen die Grundstückskäufer in Erfahrung bringen können. Des Weiteren hätte die Maklerin zunächst den Versuch unternehmen können, den Kaufpreis über die Grundstücksverkäufer zu erfahren. Im Ergebnis lässt es das Gericht jedoch offen, ob allein die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat, den Kaufpreis in Erfahrung zu bringen, ausreicht, um ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme zu verneinen. Der Anspruch auf Einsichtnahme scheitert im vorliegenden Fall daran, dass es der Maklerin nicht gelingt, einen Provisionsanspruch mit „beträchtlicher Wahrscheinlichkeit“ glaubhaft zu machen. Ein schriftlicher Maklervertrag existiert nicht. Ein Provisionsanspruch ergibt sich daher allein aus den Angaben der Maklerin selbst. Dies genügt jedoch nach Ansicht des Gerichts nicht, um mit „beträchtlicher Wahrscheinlichkeit“ von dem Bestehen eines Provisionsanspruchs auszugehen.
Praxishinweis
Die Entscheidung zeigt das Spannungsverhältnis zwischen dem berechtigten Interesse des Maklers, den Kaufpreis eines von ihm vermittelten Grundstücks zu erfahren, um daraus seinen Provisionsanspruch ermitteln zu können, und dem Recht des Eigentümers auf informationelle Selbstbestimmung. Insbesondere bei der Einsicht in die kompletten Grundakten sollte der Makler daher darlegen, dass er alle ihm zumutbaren Schritte unternommen hat, den Kaufpreis in Erfahrung zu bringen. Des Weiteren sollte unbedingt ein schriftlicher Maklervertrag abgeschlossen werden, damit die Darlegung eines Provisionsanspruches gelingt. Um derartige Auseinandersetzungen mit dem Grundbuchamt zu vermeiden, empfiehlt es sich außerdem, dass sich der Makler bereits bei Abschluss des Maklervertrages von seinem Auftraggeber bevollmächtigen lässt, die Grundakten einzusehen.
Hinterlasse einen Kommentar