Urteil, OLG Naumburg vom 30.09.2008 – 9 U 25/08 – veröffentlicht in NZM 2009, 557
Entscheidung
Der Leasinggeber und der Leasingnehmer streiten über die Verpflichtung des Leasingnehmers zur Übernahme der Kosten zur Sanierung des Daches des Immobilienleasingobjektes.
Die Parteien des Leasingvertrages haben vertraglich vereinbart, dass der Leasingnehmer die Instandsetzung und Instandhaltung einschließlich von Dach und Fach des Immobilienleasingobjektes während der Leasingzeit auf seine Kosten übernimmt. Im Verlauf der Leasingzeit wurde ein Schaden an dem Dach des Leasingobjektes festgestellt, welcher bereits bei Beginn des Leasingvertrages, d. h. bei Übergabe des Leasingobjektes, vorhanden war.
Zutreffend differenziert das OLG Naumburg zwischen der Verpflichtung des Leasinggebers zur Überlassung des Leasingobjektes in einem vertragsgemäßen Zustand bei Beginn des Leasingvertrages (§ 535 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz BGB) und der Verpflichtung zur Erhaltung dieses vertragsgemäßen Zustandes des Leasingobjektes während der Leasingzeit (§ 535 Abs. 1 Satz 2,
2. Halbsatz BGB). Das OLG Naumburg hat eine Verpflichtung zur Übernahme der Kosten zur Reparatur des Daches verneint. Eine Haftungsfreistellung für anfängliche Mängel sei gerade nicht mit der umfassenden Überwälzung der Erhaltungslast auf den Leasingnehmer verbunden. Die vertragliche Umlage der Pflicht zur Erhaltung des Leasingobjektes auf den Leasingnehmer hat vielmehr ausschließlich zur Folge, dass der Leasingnehmer den bei Vertragsbeginn vorhandenen ordnungsgemäßen Zustand des Leasingobjektes während der Leasingzeit durch die geeigneten Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen zu erhalten hat.
Dies folgt bereits aus der Begriffsdefintion „Instandsetzung“, wonach der vertragsgemäße und ordnungsgemäße Zustand des Leasingobjektes wiederherzustellen ist und demnach voraussetzt, dass ein solcher Zustand bei Beginn der Vertragslaufzeit vorhanden war. Der Leasingnehmer hat durch die Übernahme der Erhaltungslast keinen besseren Zustand des Leasingobjektes herzustellen, als bei Vertragsbeginn vorhanden war.
Eine andere Beurteilung wäre nach zutreffender Ansicht des OLG Naumburg nur dann gerechtfertigt, wenn die Parteien wirksam vereinbart hätten, dass der Leasinggeber nicht für anfängliche Mängel des Leasingobjektes haftet. Auch kann die Vereinbarung zur Überwälzung der umfassenden Erhaltungslast auf den Leasingnehmer in eine Haftungsfreizeichnung des Leasinggebers für anfängliche Mängel nicht dahingehend ausgelegt werden. Eine dahingehende Auslegung wäre ausnahmsweise nur dann gerechtfertigt, wenn der Leasingnehmer das Leasingobjekt eigens hergestellt hätte. In diesem Fall könnte der Leasingnehmer und nicht der Leasinggeber die zur Errichtung des Leasingobjektes beauftragten Unternehmer auf Beseitigung der Herstellungsmängel in Anspruch nehmen. Diese Interessenslage würde es dann rechtfertigen, dass die Vereinbarung zur umfassenden Umlage der Erhaltungslast einschließlich Dach und Fach auch in eine Vereinbarung zur Freizeichnung des Leasinggebers für anfängliche Mängel ausgelegt werden kann. Im Grundsatz ist jedoch von einer solchen weiten Auslegung der Vereinbarung nicht auszugehen.
Praxishinweis
Diese Entscheidung erstreckt sich nicht nur auf Immobilienleasingobjekte, sondern ist zugleich im gewerblichen Mietrecht zu beachten. Gerade im Falle der Vermietung von Spezialimmobilien (bspw. Hotel, Kaufhäuser, Pflegeheime) gebietet es die Interessenslage, dass der Vermieter im Wege so genannter „Triple Net Klauseln“ dem Mieter die vollständige Erhaltungslast einschließlich der Verpflichtung der Instandhaltung und Instandsetzung der konstruktiven Teile (Dach und Fach) des Mietobjektes auferlegt. Diese umfassende Umlage der Erhaltungslast auf den Mieter hat jedoch nur zur Folge, dass der Mieter Mängel im Rahmen seiner Instandsetzungspflicht zu beseitigen hat, die durch seinen Mietgebrauch verursacht werden und dementsprechend erst nach Beginn des Mietverhältnisses entstehen.
Möchte der Vermieter insbesondere bei der Vermietung von Bestandsgebäuden nicht auf die Beseitigung von Mängeln in die Pflicht genommen werden, die bereits vor Mietbeginn vorhandenen waren, so muss diese Haftungsfreistellung des Vermieters für anfängliche Mängel ausdrücklich vereinbart werden. Zur Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung in Verbindung mit einer so genannten Triple Net Klausel ist zu empfehlen, dass vertraglich ausdrücklich geregelt wird, dass dem Mieter als Gegenwert zu der umfassenden Erhaltungspflicht und der Verpflichtung zur Beseitigung anfänglicher Mängel Intencives wie z. B. ein Budget oder eine mietfreie Zeit eingeräumt oder aber die Verpflichtung zur Beseitigung anfänglicher Mängel und die umfassende Erhaltungslast im Rahmen der Kalkulation der Miete berücksichtigt wird. Durch eine solche Regelung wird deutlich gemacht, dass die Umlage der originären Verpflichtungen des Vermieters zur erstmaligen Zur-verfügungstellung und Erhaltung der Mietsache in einem ordnungsgemäßen Zustand während der Mietzeit auf den Mieter nicht zu einer unbilligen, zu Lasten des Mieters gereichenden Risikoverteilung führt.
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