OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.02.2009 – 22 U 135/08 – veröffentlicht in IBR 2009, 375

Entscheidung
Eine Aufzugsfirma erhielt den Auftrag zur Lieferung und Montage von drei Aufzugsanlagen. Es war die Geltung der VOB/B vereinbart. Als Lieferzeit war „ca. Mitte 08.03“ vereinbart. Die Auftragnehmerin lieferte im September 2003 das von ihr in Sonderanfertigung hergestellte Mater-ial für die Aufzugsanlagen an die Baustelle und lagerte es dort ein. Dann verzögerte sich das Bauvorhaben. Die Auftragnehmerin forderte den Auftraggeber mit Schreiben vom 03.11.2004 vergeblich auf, den Montagebeginn mitzuteilen. Mit Schreiben vom 14.01.2005 setzte sie dem Auftraggeber vergeblich eine Frist zur Herstellung der Baufreiheit bis zum 26.01.2005 und teilte mit, dass sie das Vertragsverhältnis nach ergebnislosem Fristablauf als gekündigt ansehe. Im Februar 2005 wurde das eingelagerte Aufzugsmaterial von Unbekannten gestohlen. Die Auftragnehmerin kündigte mit Schreiben vom 14.04.2005 das Vertragverhältnis und verlangte von dem Auftraggeber die Zahlung von Vergütung für das Material. Der Auftraggeber wandte ein, es sei eine Lieferung „auf Abruf“ vereinbart gewesen, der Auftragnehmerin habe kein Kündigungsrecht zugestanden.

Das OLG Düsseldorf hat der Auftragnehmerin die verlangte Vergütung zugesprochen. Die Auftragnehmerin sei nach § 9 Nr. 1 lit. a) VOB/B zur Vertragskündigung berechtigt gewesen. Der Auftraggeber habe sich im Annahmeverzug befunden. Selbst wenn eine Leistung „auf Abruf“ vereinbart worden sei, habe der Auftraggeber den Abruf nicht auf unbestimmte Zeit hinausschieben dürfen. Der Auftraggeber sei verpflichtet, dem Auftragnehmer die Leistung zu ermöglichen, das heißt sie bei fehlender Fristvereinbarung abzurufen. Ein Leistungsabruf sei von der Auftragnehmerin insbesondere im Schreiben vom 03.11.2004 verlangt worden. Angesichts der vereinbarten Lieferzeit „ca. Mitte 08.03“ sei – auch bei großzügiger Auslegung unter Berücksichtigung der bei Bauvorhaben häufig vorkommenden Verzögerungen – die Leistung jedenfalls im November 2004 längst zum Abruf fällig gewesen. Das Unterlassen des Leistungsabrufs berechtige den Auftragnehmer zur Kündigung nach § 9 VOB/B. Der Materialdiebstahl im Februar 2005 gehe nicht zu Lasten der Auftragnehmerin, da der Auftraggeber sich zu diesem Zeitpunkt im Annahmeverzug befunden habe (§ 295 Satz 1, 2. Alt. BGB) und die Preisgefahr auf ihn übergegangen sei (§ 644 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Praxishinweis
Dem Auftragnehmer kann auch bei Vereinbarung einer „Leistung auf Abruf“ nicht zugemutet werden, seine Leistung auf unbestimmte Zeit bereitzuhalten. Die Bereitstellung der baulichen Anlagen zum Zweck der Leistungserbringung und der Abruf der Leistung innerhalb angemessener Zeit gehören zu den Mitwirkungsobliegenheiten des Auftraggebers.