VK Thüringen, Beschluss vom 02.03.2009 – 250-4004.20-584/2009-002-EF – veröffentlicht in IBR 2009, 294
Entscheidung
Eine Vergabestelle schreibt Rahmenverträge im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Auswahlverfahren nach VOF europaweit aus. Als Wertungskriterium für die Auswahl forderte die Vergabestelle eine Berufshaftpflichtversicherung, die „im Vertrag nachgewiesen werden muss“, mit Mindestdeckungssummen von 1.500.000,00 € für Personen- und sonstige Schäden. Auf Fragen der Bewerber stellt die Vergabestelle klar, dass „bei der Beurteilung davon ausgegangen wird, dass eine Berufshaftpflichtversicherung vorliegen muss“. Bieterin A legt einen Nachweis über eine Berufshaftpflichtversicherung für Personen- und Sachschäden in Höhe von 1.000.000,00 € vor und eine Erklärung des Versicherungsunternehmens, dass diese Versicherungssumme im Falle der Zuschlagserteilung auf 2.000.000,00 € erhöht werden kann. Die Vergabestelle hält diesen Nachweis für ausreichend und belässt die Bieterin A im Wettbewerb. Bieterin B meint, dass Bieterin A vom Verfahren ausgeschlossen werden muss und führt ein Vergabenachprüfungsverfahren durch.
Die VK Thüringen bestätigt die Entscheidung der Vergabestelle. Zum einen seien die Teilnahmebedingungen dahingehend auszulegen, dass die geforderte Berufshaftpflichtversicherung erst zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages vorliegen müsse. Zum anderen stelle es eine unzumutbare Einschränkung der Bieterrechte dar, wenn man schon im Stadium des Auswahlverfahrens verlange, dass die Bewerber rechtliche und finanzielle Bindungen eingehen, obwohl diese erst mit Abschluss des Vertrages erforderlich werden.
Praxishinweis
Die Entscheidung erscheint praxisgerecht. Haftpflichtversicherungen werden häufig objektgebunden abgeschlossen bzw. erhöht. Wäre der Bewerber schon im Teilnahmewettbewerb zum Abschluss erhöhter Versicherungen verpflichtet, würde er Verbindlichkeiten eingehen, ohne Aussicht darauf zu haben, dass er diesen Auftrag auch tatsächlich erhält. Die Vergabestelle benötigt demgegenüber nur für den Fall des Vertragsabschlusses eine entsprechende Sicherheit ihres Vertragspartners.
Für den Teilnahmewettbewerb reicht es daher aus, dass der Bewerber eine verbindliche Erklärung seiner Berufshaftpflichtversicherung vorlegt, dass die bestehende Versicherung im Zuschlagsfalle erhöht oder objektbezogen abgeschlossen wird.
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