BGH, Urteil vom 13.06.2008 – V ZR 114/07 – veröffentlicht in IBR 2009, 119
Entscheidung
Ein Ehepaar hatte eine Eigentumswohnung als Kapitalanlage gekauft. Da die Verkäuferin sie beim Abschluss des Vertrages in einigen Punkten falsch beraten hat, wollen sie den Kaufvertrag rückabwickeln. Den Rückabwicklungsanspruch macht vor Gericht die Ehefrau allein geltend; die Ansprüche ihres (inzwischen geschiedenen) Ehemannes hat sie sich abtreten lassen. Damit stand dieser grundsätzlich als Zeuge zur Verfügung, was bekanntlich oftmals der Hintergrund solche Abtretungen ist.
Die beklagte Verkäuferin erhebt jedoch gegen den früheren Ehemann – den Zedenten – Widerklage mit dem Antrag festzustellen, dass diesem keine Ansprüche mehr zustehen. Das LG und das OLG halten diese isolierte Drittwiderklage für unzulässig.
Das sieht der BGH anders!
Nach § 33 ZPO setzt die Widerklage grundsätzlich eine anhängige Klage voraus.
Daher galt die Drittwiderklage – also die Widerklage gegen einen bisher nicht am Prozess beteiligten Dritten – bislang nur dann als zulässig, wenn sie sich neben dem Dritten auch gegen den Kläger richtet. Im vom BGH entschiedenen Fall beruhen die streitigen Ansprüche jedoch auf einem Vertragsverhältnis, an dem die Klägerin und ihr ehemaliger Ehemann gleichermaßen auf einer Seite beteiligt waren. Prozessökonomisch wäre es daher mit Mehraufwand und dem Risiko sich widersprechender Entscheidungen verbunden, zwei getrennte Prozesse zu führen. Daher hält der BGH die isolierte Drittwiderklage in diesem Fall für zulässig. Und auch das für einen Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse bejaht er. Für die Verkäuferin liegt nämlich ein gewisses Risiko darin, dass sich die Abtretung entweder als von vorneherein unwirksam herausstellt oder später unwirksam wird, z. B. durch Anfechtung.
Dann hätte die Rechtskraft des Urteils gegen die Ehefrau keine Wirkung gegenüber dem Anspruch des Ehemannes; dieser könnte den Anspruch also seinerseits (nochmals) geltend machen. Dieses Risiko kann durch die negative Feststellung ausgeschlossen werden.
Praxishinweis
Durch die isolierte Drittwiderklage wird der Zedent – hier also der Ehemann – selbst Partei des Prozesses, so dass er nicht als Zeuge „taugt“. Damit ist der prozesstaktische Sinn der Abtretung hinfällig geworden. Dieser Weg, den die Entscheidung des BGH öffnet, setzt allerdings einen gemeinsamen Gerichtsstand voraus.
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