OLG Hamm, Urteil vom 22.01.2008 – 19 U 152/06 – BGH, Beschluss vom 13.11.2008 – VII ZR 74/08 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
veröffentlicht in ibr-online (Werkstattbeitrag vom 20.01.2009)
Entscheidung
Ein Bauunternehmer stellt für einen Abwasserbetrieb unter anderem einen Kanal her. Die dafür benötigten Fertigteile bestellt er bei einem Lieferanten. Es handelt sich um nach Wünschen des Bauunternehmers hergestellte und angepasste Stahlbetonrahmen mit einer sog. „Trockenwetterrinne“ aus Kunststoff. Nach Lieferung und Einbau der Fertigteile löst sich jedoch die Kunststoffrinne auf einer Länge von 128 Metern vom Untergrund und es werden sogar Teile abgerissen, die sich dann verkanten.
Zur Beseitigung dieses Fehlers muss die Trockenwetterrinne über die gesamte Länge ausgebaut und erneuert werden. Der Bauherr verlangt vom Bauunternehmer Nachbesserung.
Dieser wendet sich zwar an seinen Lieferanten, lehnt aber ein Angebot von dessen Versicherung auf Nachbesserung durch ein Drittunternehmen ab und lässt die Rinnen durch ein anderes Unternehmen austauschen. Die Kosten hierfür verlangt er schließlich vom Lieferanten erstattet.
Nachdem das Landgericht dem Anspruch zunächst stattgegeben hatte, weist das OLG Hamm ihn ab. Es begründet dies damit, dass der Bauunternehmer dem Lieferanten keine Frist zur Nachbesserung gesetzt hat, sondern das Angebot der Versicherung hierauf sogar ablehnte. Dies hatte der Bauunternehmer damit begründet, dass dem Lieferanten kein eigenes Recht auf Nachbesserung zustehe. Hintergrund dieser Ansicht des Bauunternehmers war wohl die Annahme, dass sich die Rechte und Pflichten des Lieferanten nach Kaufrecht richten. Richtigerweise hat das OLG den Vertrag jedoch als Werkliefervertrag eingeordnet und dabei die Feststellung des Landgerichts bestätigt, dass es sich bei den Fertigteilen um nicht vertretbare Sachen handelt. In einem solchen Fall waren aber nach § 651 BGB a. F. die Gewährleistungsvorschriften des Werkvertragsrechts anzuwenden. Damit war aber Anspruchsvoraussetzung des Schadensersatzanspruches, dass dem Lieferanten zunächst eine Frist zur Beseitigung des Mangels gesetzt und die Ablehnung der Nachbesserung durch ihn angedroht wird. Da der Bauunternehmer dies nicht getan hatte, war der Schadensersatzanspruch im Ergebnis nicht gegeben.
Praxishinweis
Mit der Neufassung des § 651 BGB verliert die Unterscheidung zwischen vertretbaren und unvertretbaren Sachen im Hinblick auf die Gewährleistungsansprüche ihre Bedeutung, da auf den Werkliefervertrag in beiden Fällen Kaufrecht anzuwenden ist. Allerdings hat die Schuldrechtsreform die Gewährleistungsrechte des Kaufrechts weitgehend an die des Werkvertragsrechts angepasst, so dass auch hier dem Lieferanten Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben ist.
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