BGH, Urteil vom 23.10.2008 – VII ZR 64/07 – veröffentlicht in IBR 2009, 16

Entscheidung
Der AN führt im Auftrag des AG Deckenbetonarbeiten in einem Parkhaus mit 4 Ebenen durch. Wegen vorhandener Risse in der Oberfläche der Decken verweigert der AG die Abnahme dieser Arbeiten.

Einer Mängelbeseitigungsaufforderung mit Fristsetzung kommt der AN nicht nach. Daraufhin lässt der AG durch einen Drittunternehmer die vorhandenen Risse in der Oberfläche beseitigen. Im Rahmen dieser Ersatzvornahme werden – so behauptet der AG – weitere Mängel unterhalb der Oberfläche in tieferen Schichten der Betondecken festgestellt und ebenfalls beseitigt. Die Kosten für die Beseitigung der neu festgestellten Mängel unterhalb der Oberfläche belaufen sich allein auf einen Betrag in Höhe von ca. 125.000,00 €. Obwohl der AN vor Beginn der Ersatzvornahme darum gebeten hatte, an der Mängelfeststellung teilzunehmen, wurde ihm das durch den AG nicht ermöglicht. Der AN bestreitet nun im Prozess das Vorhandensein der Mängel in den tieferen Schichten.

Der BGH befindet, dass in diesem konkreten Fall der AG die Beweislast für das Vorhandensein der Mängel in den tieferen Schichten trägt, obwohl diese vor der hier nicht erfolgten Abnahme grundsätzlich beim AN liegen. Denn vorliegend stelle das Verhalten des AG eine sog. „Beweisvereitelung“ dar. Diese liege allein noch nicht in dem Umstand begründet, dass der AG die Mängel ohne vorherige Beweissicherung hat beseitigen lassen. Vorgeworfen werden müsse dem AG jedoch im vorliegenden Fall, dass er dem AN nicht ermöglicht hatte, sich an der Schadensfeststellung zu beteiligen. Dem AN waren nur die Rissbildungen in der Oberfläche bekannt, nicht jedoch die später angeblich aufgefundenen Mängel in den tieferen Schichten. Da der AG die angeblich später aufgefundenen Mängel in den tieferen Schichten nicht dokumentiert hatte, wird seine Klage diesbezüglich abgewiesen.

Praxishinweis
Zunächst ist klarzustellen, dass die Beweislast für die vom AG zunächst gerügten Risse in der Oberfläche beim AN verbleibt. Die Entscheidung bezüglich der später aufgefundenen Risse liegt in einer Linie zu den bislang ergangenen Entscheidungen des BGH zu gemeinsamen Aufmassen nach einer Kündigung. Auch dort hat der BGH in jüngerer Vergangenheit entschieden, dass Beweislast für den Umfang der erbrachten Leistungen auf den AG übergeht, sofern der AG trotz vorheriger Aufforderung einem gemeinsamen Aufmaßtermin fern bleibt und später eine nachträgliche Feststellung des Umfanges der erbrachten Leistungen nicht mehr möglich ist.
Sofern also bei der Durchführung von Ersatzvornahmen weitere und grundlegend andere Mängel vorgefunden werden, die zuvor nicht gerügt worden sind, hat eine weitere Mängelrüge unter Fristsetzung gegenüber dem AN zu erfolgen.