Am 01. November 2020 trat das GEG (Gesetz zur Vereinheitlichung des Energiesparrechts für Gebäude und zur Änderung weiterer Gesetze) in Kraft. Welche Ziele damit verfolgt werden und was die Neuerungen für die Praxis bedeutet, lesen Sie hier.
Wann kommt das GEG?
Laut dem Energieeinspargesetz (EnEG) hätte das GEG bereits am 01. Januar 2019 erlassen werden müssen. Aufgrund von Bedenken der Regierungskoalition (der ursprüngliche Entwurf von 2017 würde das Bauen durch Verschärfung der damals aktuellen Regeln verteuern) verzögerte sich der Gesetzgebungsprozess, bis der Bundesrat die endgültige Fassung des GEG im Juli 2020 billigte. Damit trat das GEG nun am 01. November 2020 in Kraft. Damit werden das bisherige Energieeinsparungsgesetz (EnEG), die bisherige Energieeinsparverordnung (EnEV) und das bisherige Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) im GEG zusammengeführt und treten im Einzelnen zeitgleich außer Kraft.
Warum brauchen wir die Zusammenführung in ein neues Gesetz?
Anlass für die Reform war eine EU-Gebäuderichtlinie aus dem Jahr 2010, die die Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, sicherzustellen, dass ab 2019 alle Nichtwohngebäude der öffentlichen Hand und ab 2021 alle neuen Gebäude als Niedrigstenergiegebäude ausgelegt werden. Dieser Niedrigstenergiegebäudestandard war in Deutschland noch nicht festgelegt und musste daher nun kodifiziert werden. Überdies gelten für die energetischen Anforderungen an Gebäude bis dato zwei Regelwerke nebeneinander: Das EnEG (zusammen mit der EnEV) und das EEWärmeG. Dies führte regelmäßig zu Problemen bei Anwendung und Vollzug, da die Regelwerke nicht aufeinander abgestimmt waren. Da nun neue Regelungen, wie der Niedrigstenergiestandard für Nichtwohngebäude der öffentlichen Hand, umgesetzt werden mussten, erschien eine komplette strukturelle Neukonzeption der bestehenden Gesetze in Form des GEG sinnvoller als eine bloße Zusammenführung, die unter Umständen zu neuen Problemen geführt hätte.
Was regelt das Gesetz?
Relevant für Hausbesitzer sind vor allem die ersten sechs der neun Teile des GEG. Geregelt werden darin energetische Anforderungen und Vorgaben an Neubauten und Bestandgebäude, Vorgaben zur Nutzung erneuerbarer Energien, Vorgaben für die Anlagentechnik (Heizungs-, Kühl-, Raumlufttechnik und Warmwasserversorgung) neuer und bestehender Anlagen, die Ausstellung und Verwendung von Energieausweisen sowie welche Maßnahmen für Fördermittel in Frage kommen.
Was ändert sich?
Um Bau- und Wohnkosten nicht zu verteuern werden die bisherigen energetischen Anforderungen der EnEV nicht angehoben. Wesentliche Neuerungen des GEG umfassen stattdessen:
- Das neue Modellgebäudeverfahren als alternative Möglichkeit des Nachweisverfahrens. Damit können Hausbesitzer die Einhaltung der GEG-Anforderungen anhand von Mindestqualitäten bestimmter Maßnahmen nachweisen, ohne dass konkrete energetische Berechnungen erforderlich sind.
- Bei Verkauf von oder bei umfassenden Renovierungen an Ein- oder Zweifamilienhäusern müssen verpflichtende Energieberatungen durchgeführt werden.
- Ein Verbot von Neuinstallationen von Öl- und Kohleheizkesseln ab 2026. Ein Austausch bestehender Heizkessel wird ab 2026 nur möglich sein, wenn der Wärme- und Kältebedarf des Gebäudes teilweise durch erneuerbare Energien gedeckt wird. Ausnahmen sind möglich
- Beim Neubau von Häusern gilt zukünftig ein einheitliches Anforderungssystem, in welchem Energieeffizienz und erneuerbare Energien integriert sind. Dabei wird die anteilige Nutzung erneuerbarer Energien zur Deckung des Wärme- und Kältebedarfs verpflichtend. Ausnahmen sind ebenfalls möglich.
- Bei der anteiligen Nutzung ist die Nutzung von gebäudenah erzeugtem Strom aus erneuerbaren Energien künftig ab einem Mindestdeckungsanteil von 15 Prozent des Wärme- und Kältebedarfs als anteilige Nutzung erneuerbarer Energien anrechenbar. Außerdem kann die Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien aus gebäudeeigenen Anlagen bei der energetischen Bilanzierung angerechnet werden.
- Die Ausstellungsberechtigung für Energienachweise wird vereinheitlicht. Neben Personen mit berufsqualifizierendem Hochschulabschluss dürfen künftig auch Handwerker Energieausweise für Nichtwohngebäude ausstellen. Energieausweise enthalten in Zukunft auch die Kohlendioxidemissionen des Gebäudes.
- Versuchsweise gilt bis 2023 die sogenannte Innovationsklausel. Bei einer Befreiung durch die zuständige Behörde kann gem. § 103 GEG die Einhaltung der Anforderungen nicht nur über den Energiebedarf, sondern auch über eine Begrenzung der Treibhausgasemissionen des Gebäudes erfüllt werden. Hierbei gelten verschiedene Anforderungen.
- Die sogenannte Quartierslösung ermöglicht bis 2025 die Betrachtung mehrerer Gebäude oder Quartiere in Abhängigkeit zueinander. Außerdem wird die DIN V 18599 „Energetische Bewertung von Gebäuden“ ab 2024 zur alleinigen Bilanzierungsregel für den Nachweis der energetischen Qualität von Gebäuden und löst bestehende DIN-Normen ab.
Ab 2021 soll dann auch die Festlegung des Niedrigstenergiegebäudestandards für den privaten Neubau folgen, um die EU-Gebäuderichtinie vollumfänglich durchzusetzen.
Rezeption des GEG
Über die Umsetzung der EU-Richtlinie hinaus werden mit dem GEG Ziele aus dem Koalitionsvertrag, die Beschlüsse des Wohngipfels 2018 sowie einige der in den Eckpunkten des Klimaschutzprogrammes 2030 beschlossenen Maßnahmen in Bezug auf das Energieeinsparrecht für Gebäude umgesetzt. Während die Bauindustrie die verbesserten Fördermöglichkeiten lobt, insbesondere als Bestandteil der Konjunkturmaßnahmen nach der Coronakrise, kritisiert die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF) das Gesetz als ambitionslos angesichts der Klimakrise, da es nur bestehende Standards fortschreibe, anstatt innovative Lösungen zu fördern. Zu begrüßen ist jedenfalls die Zusammenführung der bisher bestehenden Gesetze und Verordnung zu einer ganzheitlichen Herangehensweise mit genauen und festgelegten Begriffsbestimmungen und Definitionen, auch wenn der Zentralverband des Deutschen Handwerks die fehlende Entbürokratisierung durch die steigende Anzahl von Paragrafen und die sprachliche Komplexität bemängelt. Große Wichtigkeit wird der Vorbildfunktion der öffentlichen Hand als Bauherr zugesprochen, die den Niedrigstenergiestandard nun umzusetzen hat. Ebenfalls positiv bewertet wird die Stärkung erneuerbarer Energien wie Photovoltaik oder Biomethan durch den Gesetzesbeschluss, sowie innovative Ansätze durch Regelungen zu Wasserstoff, CO2-Bilanzierung und synthetischen Brennstoffen. Auch die Abschaffung des 52-GW-Ausbaudeckels für Solaranlagen wird begrüßt. Ob sich allerdings das Verbot des Einbaus neuer Öl- und Kohleheizungen ab 2026 bewährt, wird sich zeigen, da bisher einige Ausnahmen den Weiterbetrieb als Hybridheizungen vorsehen. Von den zukünftigen Ausnahmeregelungen, z.B. ab welchem Anteil erneuerbarer Wärme eine Ölheizung als Hybrid durchgeht, wird letztlich abhängen, wie wirkungsvoll dieses Verbot sein wird.
Rechtsanwalt Philipp Schlemmer
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