Am 26.09.2024 beschloss der Bundestag nach zahlreichen Änderungsvorschlägen aus dem Bundesrat das „Vierte Gesetz zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie (Viertes Bürokratieentlastungsgesetz)“. Neben der Verkürzung der Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege im Handels- und Steuerrecht, der Einrichtung einer zentralen Vollmachtsdatenbank für Generalvollmachten im Bereich der sozialen Sicherung und dem Wegfall der Hotelmeldepflicht für deutsche Staatsangehörige hat das neue Gesetz auch die Absenkung von Formerfordernissen im Zivilrecht zum Inhalt. Letzteres führt zu einer Änderung der Schriftformregelung der §§ 550, 578 BGB.

 

Modifikation des Anwendungsbereichs von § 550 BGB durch § 578 Abs. 1 BGB

Nach dem beschlossenen Gesetzesentwurf wird in § 578 BGB folgender Satz angefügt: „§ 550 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass ein Mietvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr nicht in Textform geschlossen wird, für unbestimmte Zeit gilt.“ Zur Erinnerung: nach § 550 BGB gilt ein Mietvertrag, der länger als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen wird, für unbestimmte Zeit. Die Neuregelung, die den Wechsel von der Schrift- zur Textform betrifft, wird gemäß der neu eingefügten Übergangsvorschrift in Artikel 229 EGBGB mit dem Inkrafttreten des Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes wirksam. Die geplanten Änderungen treten grundsätzlich am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Quartals in Kraft (Art. 62 Abs. 1 BEG IV-E). Für bestehende Mietverträge wird die neue Regelung jedoch erst 12 Monate nach Inkrafttreten verbindlich, es sei denn, es wird eine Vertragsänderung vereinbart.

 

Praxis

Aus Praxissicht ergeben sich hierdurch mögliche Unklarheiten. So stellt sich die Frage, was die Formulierung der Übergangsvorschrift „Vereinbarung einer Änderung“ konkret meint. Fallen automatische Anpassungen, wie etwa Indexmieterhöhungen auch unter diesen Tatbestand? Oder wie sind Änderungen der Vorauszahlungen für Betriebskosten zu beurteilen? Letzteres sind unserer Ansicht nach zweifellos vereinbarte Änderungen, bei ersterem mag das zweifelhaft sein.

Ein weiterer Aspekt betrifft Vermieter, die aufgrund vertraglicher Vereinbarungen weiterhin auf der Schriftform bestehen wollen, etwa zur Dokumentation bei größeren Mietobjekten. In solchen Fällen stellt sich die Frage, ob trotz der Einführung der Textform weiterhin Schriftform vereinbart werden kann. Da Sinn und Zweck der Textform (die Information des Empfängers über die Erklärung und deren Dokumentation) aber auch von der Schriftform miterfüllt wird, spricht viel dafür, dies weiter zuzulassen – allerdings wird eine Verletzung der Schriftform, sofern die Textform gewahrt ist, wohl nicht zu der Rechtsfolge der Fiktion der unbestimmten Zeit führen.

Dagegen sind hinsichtlich der Handhabung von Nachträgen zu bestehenden Mietverträgen keine größeren Änderungen zu erwarten. Auch in Textform müssen Nachträge jedenfalls alle relevanten Vereinbarungen der Vertragsparteien enthalten und dokumentieren, dass die vertraglichen Absprachen vollständig erfasst sind. Auch die Anforderung der „Einheitlichkeit der Urkunde“ wird daher voraussichtlich inhaltlich unverändert bleiben.

Es bleibt – wie immer – abzuwarten, wie die obergerichtliche Rechtsprechung mit den entstehenden Unsicherheiten umzugehen wird.

Sollten sich im Hinblick auf die obige Thematik Fragen ergeben, beantworten wir diese gerne.

 

 

Stephan Obermeier

Rechtsanwalt