Nach der Reform ist vor der Reform. Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom 04.07.2019 (Rs. C-377/17) entschieden hatte, dass Deutschland mit seiner HOAI und deren verbindlichen Höchst- und Mindestsatzhonoraren gegen die sog. Dienstleistungsrichtlinie und damit gegen EU-Recht verstößt, hatte der Gesetzgeber reagiert und die HOAI 2021 auf den Weg gebracht, mit welcher die Mindestsatzbindung (und auch Höchstsatzbindung), und damit die HOAI als zwingendes Preisrecht, abgeschafft wurde.
Dennoch dient die HOAI weiterhin als standardisierter Maßstab für Beauftragung, Leistungsbeschreibung und Honorare von Architekten und Ingenieuren, weshalb die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag verankert hat, die HOAI weiter zu reformieren. Dies soll noch in der laufenden Legislaturperiode erfolgen, so dass mit einer weiteren Novelle zu HOAI bis spätestens 2025 gerechnet werden kann. Hierfür haben die Kammern und Verbände bereits erste Vorschläge erarbeitet und seitens der zuständigen Ministerien sollen Gutachtergruppen zu bestimmten Themen beauftragt werden.
Im Mittelpunkt der Reformpläne steht eine Modernisierung der Leistungsbilder und eine daran gekoppelte Überprüfung und Anpassung der Honorartafeln. Dabei sollen Themen wie Digitalisierung und BIM, Nachhaltigkeit und damit verbunden auch Planen und Bauen im Bestand konkretere Berücksichtigung finden.
Auch auf die aktuellen Rahmenbedingungen des Bauens, wie Probleme der oftmals fehlenden Ressourcen sowie die massive Baupreisentwicklung soll entsprechend reagiert werden. Beides wirkt sich für die Architekten und Ingenieure sowohl in Planung als auch bei der Bauabwicklung in der Regel zeit- wie auch kostenmäßig aus, und hat letztlich zudem noch Einfluss auf den Haftungsumfang. So gibt es bereits Überlegungen, honorartechnisch nicht mehr starr an den Kosten der Kostenberechnung (LPH 3) festzuhalten, sondern zumindest zu einer zweistufigen Kostenermittlung zurückzukehren, wonach für die LPH 1 bis 5 die Kostenberechnung mit etwaigen Fortschreibungen und für die LPH 6 bis 9 die Kostenfeststellung maßgeblich sein soll. Zur Erinnerung: Die bis 2009 geltende HOAI 1996 sah die Honorarermittlung in drei Stufen vor: LPH 1 bis 4 nach Kostenberechnung, LPH 5 bis 7 nach Kostenanschlag, LPH 8 und 9 nach Kostenfeststellung.
Zu hoffen bleibt, dass daneben endlich auch angemessene Regelungen zur Honorierung bei Planungs- und Bauzeitverlängerungen getroffen werden.
Praxistipp
So sehr die Reform zu begrüßen ist, darf nicht in Vergessenheit geraten, dass das Preisrecht der HOAI nur noch eine unverbindliche Empfehlung darstellt und somit nur noch „freiwillig“ Anwendung findet, d.h. dann, wenn die Parteien dies vereinbaren, bzw. keine abweichende Honorierungsform vereinbaren. Hieran wird auch die erneute Reform nichts ändern.
Weiterhin ist daher sorgfältiges Augenmaß auf Honorarkalkulation und Vertragsgestaltung zu legen!
Rechtsanwältin Alexandra Riemann
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
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