BGH, Urteil vom 25.03.2021, VII ZR 94/20

Der Bundesgerichtshof befasste sich in seiner Entscheidung mit der Frage nach dem Beginn der Verjährungsfrist von Ansprüchen auf Bauhandwerkersicherheit (früher: § 648a BGB alte Fassung, jetzt: § 650f Abs. 1 S.1 BGB neue Fassung).

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Auftragnehmer und Auftraggeber schlossen im Jahr 2013 einen Bauvertrag über die Errichtung eines Rohbaus. Nach Abnahme und Vorlage einer Schlussrechnung durch den Auftragnehmer, verweigerte der Auftraggeber die Zahlung aufgrund von bereits gezahlten Abschlagszahlungen und Mängeln der Leistung. Im Jahr 2015 klagte der Auftragnehmer auf Zahlung. Während des Prozesses, im Jahr 2018, forderte er den Auftraggeber dazu auf, eine Sicherheit gem. § 648a BGB a.F. zu stellen und klagte diese nach Nichtleistung ein. Das LG Köln wies die Sicherheitsklage wegen Verjährung ab (LG Köln, Urteil v. 07.08.2019, 37 O 294/18). Das Berufungsgericht verurteilte den Auftraggeber zur Stellung der Sicherheit, da der Anspruch noch nicht verjährt sei (OLG Köln, Urteil v. 17.06.2020 11 U 186/19). Der BGH bestätigt diese Rechtsansicht.

 

Die Entscheidung

Unterliegen Ansprüche der sog. regelmäßigen Verjährung, beträgt die Verjährungsfrist nach § 195 BGB drei Jahre. Der Fristlauf beginnt bei der regelmäßigen Verjährung mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen erlangt hat. Folgt man allein diesen Regeln, wäre im hiesigen Fall der Anspruch des Klägers Ende 2016 verjährt, da der Anspruch auf Sicherheit eigentlich bereits mit Vertragsschluss entsteht (also quasi direkt nach Unterschrift, ohne Leistungen erbracht zu haben).

Der BGH kommt hier jedoch zu einem anderen Ergebnis. Bei dem Anspruch auf Stellung der Bauhandwerkersicherheit aus § 648a BGB a.F. handle es sich um einen sog. verhaltenen Anspruch. Seine Verjährungsfrist beginne erst zu laufen, wenn der Auftragnehmer den Anspruch auf Sicherheit tatsächlich geltend macht, also in dem Moment, in dem der Aufragnehmer die Sicherheit auch tatsächlich verlangt

Die Geltendmachung des Anspruchs aus § 648a BGB a.F. stehe allein im Belieben des Auftragnehmers. Er könne die Sicherheit bis zum Wegfall seines Sicherungsbedürfnisses jederzeit und unabhängig von einer etwaig erfolgten Abnahme oder bestehenden Erfüllungsansprüchen des Auftraggebers verlangen. Der Auftraggeber könne die Leistung nicht erfüllen, ohne dass der Auftragnehmer sie gefordert hat, denn gem. § 648a Abs. 3 S.1 BGB a.F. muss der Auftraggeber dem Auftragnehmer die Kosten für die Sicherheitsleistung erstatten. Ob und wann er diese Kostenlast tagen möchte, entscheide allein der Auftragnehmer. Der Auftraggeber könne deshalb nicht eigenständig, ohne Aufforderung durch den Unternehmer, Sicherheit leisten.

 

Praxistipp

Vor dem Hintergrund der oft komplexen und langwierigen Bauvorhaben ist die Annahme, es handele sich bei dem Anspruch auf die Bauhandwerkersicherheit um einen verhaltenen Anspruch, sinnvoll. Die Notwendigkeit einer Sicherheit kann sich oft erst nach dem Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist ergeben, z.B. weil, das Vertragsverhältnis durch Streitigkeiten belastet wurde oder der Auftraggeber im Laufe des Projekts in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist.

Der nach § 650 f BGB n.F. Sicherungsberechtigte kann jederzeit ohne zeitliche Begrenzung von dem Auftraggeber die Sicherheitsleistung verlangen. Für Bauherren bedeutet diese Entscheidung, dass sie nicht nur in den ersten drei Jahren nach Vertragsschluss mit Sicherheitsforderungen durch die Unternehmer rechnen müssen, sondern bis zum Wegfall des Sicherungsbedürfnisses in Anspruch genommen werden können.

Der BGH hat sich nicht dazu geäußert, was passiert, wenn der Unternehmer nur einen Teil des vereinbarten Werklohns als Sicherheit fordert. Die Verjährungsfrist dürfte dann jedoch auch nur für den abgetrennten Teil zu laufen beginnen. Dafür spricht, dass sich der Unternehmer sonst genötigt sehen könnte, aufgrund der drohenden Verjährung, direkt die ganze Sicherheit zu fordern und damit das Verhältnis zwischen sich und seinem Auftraggeber unnötig belasten müsste.

Rechtsanwalt Philipp Schlemmer