OLG München, Beschluss vom 28.03.2019 – 27 U 213/19 Bau
BGH, Beschluss vom 25.03.2020 – VII ZR 94/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
Nach der sog. „Symptomrechtsprechung“ des BGH (Urteil vom 26.03.1992 – VII ZR 258/90) reicht es zur Geltendmachung von Mängelansprüche aus, die aufgrund eines Mangels auftretenden Symptome zu beschreiben, z.B. Wassereintritt aus der Decke. Die Ursache (z.B. des Wassereintritts) muss der Auftraggeber nicht benennen. Das OLG München beschäftigt sich in dieser Entscheidung mit der Frage, was genau vom Auftraggeber erwartet wird.
Im vorliegenden Fall macht der Auftraggeber gegenüber dem mit der Planung und Bauüberwachung beauftragten Ingenieur Mängelansprüche geltend. Im Prozess beschreibt er die Mängel wie folgt:
„a) Die Wärmepumpenheizung stellt keine ausreichende Menge an Bade-/Duschwasser zur Verfügung, sodass drei Personen nicht unmittelbar nacheinander baden und duschen können, bei der Wassertemperatur von 40 bis 42 Grad.
b) Die Wärmepumpenheizung ist nicht in der Lage, die Erwärmung des geplanten Schwimmbades sicherzustellen.
c) Die Wärmepumpenheizung ist unwirtschaftlich, ob sie nun ausschließlich für die Erwärmung des Hauses oder auch für die Erwärmung des Schwimmbades eingesetzt wird.
d) Die Fußbodenheizung ist nicht in der Lage, gleichmäßig die Räumlichkeiten im dritten Obergeschoss sowie der Praxis zu erwärmen, ohne dass die Vorlauftemperatur so überhöht wird, dass der Wirkungsgrad der Heizung sich nochmals verschlechtert.“
Diese Mängelbeschreibung hält das vorinstanzliche LG Memmingen für zu unbestimmt und weist die Klage ab.
Urteil
Das OLG München schließt sich dem LG Memmingen in seiner Auffassung an (und schließlich auch der BGH), die Beschreibung der Mängel durch den Auftraggeber sei zu unbestimmt. Nach der Symptomtheorie genüge es grundsätzlich zwar, nur die Mangelerscheinung zu beschreiben, aber die Beschreibung müsse es zumindest ermöglichen, den Tatsachenvortrag durch einen Sachverständigen zu überprüfen, was vorliegend nicht der Fall gewesen sei. Der Vortrag des Auftraggebers erfolgte damit „ins Blaue hinein“. Insbesondere verwende er plakative bzw. vage Begrifflichkeiten wie z. B. „keine ausreichende Menge“, „unwirtschaftlich“, „nicht in der Lage, sicherzustellen“, „so überhöht“, „keine ausreichende Kapazität, die ebenfalls durch einen Sachverständigen nicht überprüfbar gewesen wären.
Selbst, wenn vertraglich keine genauen Werte vereinbart waren, an denen sich das fertige Werk messen lassen muss (wie vorliegend etwa die Temperatur, die das Schwimmbad erreichen soll) und deshalb auf die anerkannten Regeln der Technik abgestellt wird, enthebe dies nicht von der Pflicht konkret vorzutragen, worin der Mangel liege.
Praxistipp
Die Symptomrechtsprechung des BGH sorgt für eine sachgerechte Erleichterung des Auftraggebers bei Geltendmachung seiner Mängelrechte. Oftmals ist der Auftraggeber, im Gegensatz zum Auftragnehmer, kein Spezialist für das betreffende Gewerk und kann demnach „nur“ die Symptomatik des Mangels beschreiben, aber keine Diagnose für dessen Ursprung stellen. Wie das hier besprochene Urteil zeigt, ist diese Erleichterung jedoch nicht zu überspannen. Der Auftraggeber hat auch nach der Symptomtheorie die Mängel so konkret wie möglich zu beschreiben, wenn er – wie hier geschehen – keine Abweisung wegen unbestimmten Vortrags riskieren will. Im Zweifel muss einem Sachverständigen die Überprüfbarkeit möglich sein (Kontrollfrage). Bei Unsicherheit, wie ein Mangel beschrieben werden soll, empfiehlt es sich, sich folgende Fragen zu stellen:
- Wo genau ist das Mangelsymptom aufgetreten?
- Wann genau ist das Mangelsymptom aufgetreten?
- Wie lässt sich das Mangelsymptom wahrnehmen? (Sehen, Hören, Tasten, Riechen)
- Was nehme ich wahr?
- Wie kann ich das Mangelsymptom am besten beschreiben?
- Was lässt sich messen?
- Welche Tatsachen lassen sich gutachterlich feststellen?
- Welche Folgen/Beeinträchtigungen ergeben sich aus dem Mangelsymptom?
Rechtsanwalt Fritz Zelta
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Hinterlasse einen Kommentar