VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.04.2009 – 8 S 639/08 – veröffentlicht in DVBl 2009, 1110

Entscheidung
Die Antragsteller wenden sich gegen einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan der beklagten Stadt und tragen unter anderem vor, der Bebauungsplan sei unwirksam, da vor dem Beschluss über den Bebauungsplan der Durchführungsvertrag, in dem sich der Vertragspartner der beklagten Stadt zur Durchführung des Vorhabens verpflichtet habe, nur vom Vorhabenträger und nicht von der Stadt unterzeichnet gewesen sei.

Der VGH Baden-Württemberg entschied entgegen der Auffassung der Antragsteller, dass es einer Unterschrift des Durchführungsvertrags durch die Gemeinde vor dem Satzungsbeschluss über den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nicht bedarf. Dies lasse sich aus § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht ableiten. Es lägen auch keine Gerichtsentscheidungen vor, die einen Grundsatz dieses Inhalts untermauern könnten. Insbesondere könne ein solcher Schluss nicht aus den in diesem Zusammenhang oft zitierten Urteilen abgeleitet werden (BVerwG, Urteil vom 18.09.2003 – 4 CN 3.02; BayVGH, Urteil vom 24.07.2001 – 1 N 00.1574, UPR 2002, 38; VGH BW Urteil vom 14.11.2002
– 5 S 1635/00, ZfBR 2003, 268).

Zu Recht!
Wenn das Gesetz die Unterschrift vor Satzungsbeschluss hätte fordern wollen, hätte es nahe gelegen, nicht nur die Verpflichtung des Vorhabenträgers (zur Durchführung) zu erwähnen, sondern ein komplett abgeschlossenes Vertragsverhältnis zu verlangen. Des Weiteren lässt sich die Auslegung eines beiderseits unterschriebenen Durchführungsvertrags auch mit der Formulierung des Gesetzes nicht vereinbaren, wonach der Vorhabenträger sich nur „ganz oder teilweise“ verpflichtet haben müsse, ohne dass es auf die Frage ankäme, ob diese Einschränkung sich auf die Durchführungsverpflichtung als solche oder lediglich auf die Tragung der Planungs- oder Erschließungskosten beziehe. Denn in beiden Varianten können nach dem Regelungsprogramm des Gesetzes noch klärungsbedürftige Fragen offen sein.

Wie der VGH in seiner Entscheidung weiter ausführt, gebietet schließlich auch Sinn und Zweck der Rechtsfigur des vorhabenbezogenen Bebauungsplans keine Auslegung dahingehend, dass die planende Gemeinde spätestens im Zeitpunkt der Fassung des Satzungsbeschlusses den Durchführungsvertrag unterschrieben haben muss. Denn die notwendige Verknüpfung des Vorhaben- und Erschließungsplans, des Durchführungsvertrags und der Plansatzung erfordere es nicht, dass alle vertraglichen Details für beide Seiten (die Gemeinde und den Vorhabenträger) verbindlich festgelegt sind. Vielmehr muss der planenden Gemeinde zur Vermeidung von Abwägungsdefiziten bei der Fassung des Satzungsbeschlusses noch ein Abwägungsspielraum ver-bleiben. Sichergestellt sein muss lediglich, dass das Realisierungsangebot des Vorhabenträgers – der Vorhaben- und Erschließungsplan – von ihm auch tatsächlich verwirklicht wird, wenn die Gemeinde dem durch eine damit übereinstimmende Planung zustimmt. Er muss insofern in die Pflicht genommen sein. Hierfür genügt es aber, wenn der Gemeinde bei Fassung des Satzungsbeschlusses ein bindendes Angebot des Vorhabenträgers vorliegt.

Praxishinweis
Gerade beim vorhabenbezogenen Bebauungsplan bieten Fehler im Aufstellungsverfahren Angriffspunkte für Rechtsbehelfe von Nachbarn gegen Vorhaben, die auf der Grundlage von vorhabenbezogenen Bebauungsplänen genehmigt werden. Der VGH Baden-Württemberg hat insoweit klargestellt, dass allein die mangelnde Unterschrift der Gemeinde unter dem Durchführungsvertrag vor Satzungsbeschluss keinen Fehler darstellt, der insgesamt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führt.