BGH, Urteil vom 05.08.2010 – VII ZR 14/09 – veröffentlicht in IBR 2010, 634

Entscheidung
Ausgangspunkt der Entscheidung ist die HOAI in der alten bis zum 17.08.2009 geltenden Fassung. Der Bauherr hatte die klagenden Architekten mit Generalplanerleistungen beauftragt. Streitig ist zwischen den Parteien, ob die Architekten bei der Abrechnung ihres Honorars für die Leistungsphasen 5 bis 7 des § 15 Abs. 2 HOAI (a. F.) einen um die Unternehmernachträge aus der Bauphase erhöhten Kostenanschlag zugrunde legen dürfen. Unstreitig waren die Änderungen, die zu den Nachträgen führten, vom Bauherrn veranlasst und der Architekt im Rahmen seiner Leistungen mit diesen befasst. Der Bauherr nimmt bei seiner Schlussrechnungsprüfung gleichwohl einen Abzug dieser Nachtragspositionen vor.

Das Kammergericht hält diese Kürzungen entsprechend der herrschenden Meinung für ungerechtfertigt. So ging die herrschende Meinung bislang davon aus, dass der Kostenanschlag erst dann abgeschlossen ist, wenn die letzte benötigte Leistung ausgeschrieben und vergeben ist. Da die in Nachträgen enthaltenen Zusatzleistungen oder Änderungen in genau gleicher Weise wie die ursprünglich ausgeschriebenen und vergebenen Leistungen zu den Kostengruppen der DIN 276 zuzuordnen sind, müssen diese in vollem Umfang hinzugerechnet und beim Kostenanschlag berücksichtigt werden. Deshalb sei dem Honorar der Leistungsphasen 5 bis 7 der Kostenanschlag in fortgeschriebener Form zugrunde zu legen (Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, 9. Aufl., § 10, Rdnr. 24).

Dies sieht der BGH nunmehr anders.
So dürfen laut seiner Entscheidung Nachträge, die nach der Vergabe einer Bauleistung an einen Unternehmer entstehen, bei dem der Honorarermittlung zugrunde zu legenden Kostenanschlag nicht berücksichtigt werden. Entscheidend sei allein die Frage, welcher Planungsstand maßgeblich für die Honorierung der Leistungsphasen 5 bis 7 ist. Das ist – so der BGH – der Planungsstand vor der Vergabe der bis dahin vorgesehenen Bauleistung an den Unternehmer. Kostenveränderungen, die dadurch entstehen, dass nach einer Kostenermittlung die Planung verfeinert wird, finden bei der Honorierung grundsätzlich erst in der nächsten Kostenermittlung Berücksichtigung, Nachträge können mithin erst in die Kostenfeststellung einfließen. Dies sieht der BGH als notwendige Konsequenz aus DIN 276 Teil 3 Ziff. 4. Denn danach sind Grundlage der Kostenfeststellung u. a. auch die Begründung von Änderungen oder nachträglichen bzw. zusätzlichen Leistungen gegenüber dem Kostenanschlag.

Zudem widerspreche eine Einbeziehung von Nachträgen in den Kostenanschlag dem Ziel der 5. Änderungsverordnung zur HOAI, das darin lag, das Honorar von den tatsächlichen Kosten abzukoppeln. Der Verordnungsgeber wollte gerade vermeiden, dass der Architekt von Verteuerungen von Bauvorhaben bei seinem Honorar für die Leistungsphasen 5 bis 7 profitiert. Vielmehr sollten nach der amtlichen Begründung die Leistungsphasen 5 bis 7 „endgültig“ nach dem Kostenanschlag zu berechnen sein (BR-Druck-sache 238/94, Seite 65).

Praxishinweis
Das Urteil des BGH führt dazu, dass der Kostenanschlag – auch wenn der Architekt selbst diesen im Rahmen seiner Kostenverfolgung fortzuschreiben hat –, soweit er für die Honorarermittlung maßgeblich ist, nach der Vergabe „eingefroren“ wird. Dies muss sodann in seiner Konsequenz allerdings auch für Minderkosten/Redu-zierungen wegen Änderungen oder des Wegfalls von Leistungen gelten, womit sich der BGH in seiner Entscheidung jedoch nicht auseinandersetzt. Der BGH sieht gleichwohl, dass die Leistungen des Architekten, die er im Zusammenhang mit Unternehmernachträgen erbringt, zu vergüten sind, wenn in diesem Zusammenhang wiederholte Grundleistungen in den Leistungsphasen 5 bis 7 anfallen.

Für Verträge, für die die HOAI 2009 gilt, hat das Urteil zunächst keine Relevanz. Nach der HOAI 2009 ermittelt sich das Honorar auf der Grundlage der anrechenbaren Kosten der Kostenberechnung. Dieser liegt die Entwurfsplanung nach Abschluss der Leistungsphase 3 zugrunde. Allerdings ist auch hier zu beachten, dass spätere Änderungen, die zu wiederholten Grundleistungen führen, als solche zusätzlich zu vergüten sind.