LG München I, Urteil vom 05.08.2010 – 36 S 19282/09 – veröffentlicht in IMR 2011, 69

Entscheidung

Der Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage beauftragt ohne vorherigen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) in deren Namen ein Ingenieurbüro mit der Planung und Überwachung von Instandsetzungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum. Die WEG nimmt den Verwalter daraufhin auf Schadensersatz in Anspruch. Der Verwalter beruft sich auf eine formularvertraglich vereinbarte Klausel im Verwaltervertrag, die ihn dazu berechtige, ohne Beschluss der WEG auf deren Kosten Reparatur- und Wartungsaufträge bis zu einer Höhe von 10.000,00 DM beauftragen zu dürfen.

Das LG gab der Schadensersatzklage der WEG statt. Die WEG hat gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG für die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums zu sorgen und hierüber durch Mehrheitsbeschluss zu entscheiden.

Demgegenüber beschränkt sich die Verpflichtung des Verwalters in diesem Zusammenhang darauf, Mängel festzustellen, die Wohnungseigentümer darüber zu unterrichten und deren Entscheidung über das weitere Vorgehen herbeizuführen. Der Verwalter darf im Innenverhältnis zur WEG daher mit Dritten nur dann Verträge schließen, wenn hierzu ein entsprechender Beschluss der WEG vorliegt; aus eigenem Recht ist der Verwalter hierzu nicht befugt. Eine Ausnahme gilt lediglich für dringende Fälle im Sinne des § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG, welche wegen ihrer Eilbedürftigkeit eine vorherige Einberufung der Eigentümerversammlung nicht zulassen.

Auch auf den Verwaltervertrag konnte sich der Verwalter nicht stützen. Denn die Klausel im Verwaltervertrag ist als Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) aufgrund eines Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, da diese zu einer unangemessenen Benachteiligung der Wohnungseigentümer führen und einen gravierenden Eingriff in das grundlegende Kompetenzgefüge bei Maßnahmen der Instandhaltung bzw. Instandsetzung darstellen würde.

Praxishinweis
Verwaltern von Wohnungseigentumsanlagen ist anzuraten, vor der Beauftragung von Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum immer einen entsprechenden Beschluss der WEG herbeizuführen, der im Innenverhältnis die Berechtigung des Verwalters absichert. Anderenfalls drohen dem Verwalter Schadensersatzansprüche der WEG. Im Verwaltervertrag vorgesehene Generalermächtigungen können im Einzelfall unwirksam sein und bieten dem Verwalter daher keine verlässliche Grundlage.

Für durch den Verwalter im Namen der WEG beauftragte Unternehmen hat das zum 01.07.2007 novellierte WEG jedoch Rechtssicherheit geschaffen. Im Gegensatz zum alten Recht, wonach der Verwalter ohne entsprechende Beschlussfassung keine Verträge im Namen der WEG schließen konnte, wirkt das Handeln des Verwalters in Angelegenheiten der Instandsetzung und Instandhaltung nun kraft gesetzlicher Vollmacht, § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 WEG, ohne Weiteres gegen die WEG. Die Rechtsprechung zum Handeln als vollmachtloser Vertreter bzw. zum Vertragsschluss im eigenen Namen ist daher insoweit obsolet. Anders als nach der früheren Rechtslage muss sich der Vertragspartner im Rahmen der Geschäfte, die von der Vollmacht nach § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 WEG erfasst werden, nun nicht mehr nach dem Beschluss erkundigen, kraft dessen der Verwalter zum Abschluss des Geschäfts bevollmächtigt wurde.