BGH, Urteil vom 14.07.2009 – XI ZR 18/08 – veröffentlicht in IBR 2009, 582
Entscheidung
Ein Kreditinstitut gewährte einem Investor zwei Kredite zur Finanzierung eines Bauvorhabens. Zur Sicherung der Forderungen des Kreditinstituts übernahmen der Geschäftsführer und der Mehrheitsgesellschafter des Investors Bürgschaften gegenüber dem Kreditinstitut. Die Kredite wurden am 30.10.2002 zur Rückzahlung fällig. Das Kreditinstitut führte im Zeitraum November 2002 bis Ende Oktober 2003 Schriftwechsel mit dem Investor über die Rückzahlung der Kredite. Nachdem der Investor insolvent geworden war, nahm das Kreditinstitut die Bürgen in Anspruch und erhob am 10.11.2005 Zahlungsklage gegen diese. Der Investor wurde am 13.04.2006 wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht. Die Bürgen wandten die Verjährung der gesicherten Hauptschuld ein.
Der BGH hat in letzter Instanz eine Verjährung der Hauptschuld verneint. Die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB für die Hauptforderung habe am 01.01.2003 zu laufen begonnen (§ 199 Abs. 1 BGB) und wäre am 31.12.2005 abgelaufen, wenn sie nicht vorher gehemmt worden wäre. Eine Hemmung der Verjährung der Hauptforderung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB sei nicht am 10.11.2005 durch Erhebung der Bürgschaftsklage eingetreten, weil die Erhebung einer Bürgschaftsklage nur dann ausnahmsweise die Verjährung der Hauptschuld hemme, wenn der Hauptschuldner vorher – etwa wegen Löschung im Handelsregister infolge Vermögenslosigkeit – als Rechtsperson untergegangen sei. Dies sei hier jedoch erst am 13.04.2006 geschehen. Die Verjährung der Hauptforderung sei allerdings durch Verhandlungen zwischen dem Kreditgläubiger und dem Hauptschuldner (Investor) gemäß § 203 Satz 1 BGB über den 31.12.2005 und den 13.04.2006 hinaus gehemmt worden, so dass die Bürgschaftsklage mit Löschung des Hauptschuldners aus dem Handelsregister am 13.04.2006 Hemmungswirkung entfalten konnte. Der Begriff „Verhandlungen“ im Sinne des § 203 Satz 1 BGB sei weit auszulegen. Es genüge jeder ernsthafte Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen, sofern der Schuldner dies nicht sofort und erkennbar ablehne. Die Hemmung der Verjährung der Hauptschuld nach § 203 Satz 1 BGB sei auch gegenüber dem Bürgen wirksam.
Praxishinweis
Der BGH hat mit diesem Urteil ausdrücklich bestätigt, dass eine durch Verhandlungen zwischen dem Gläubiger und dem Hauptschuldner eintretende Hemmung der Verjährung der Hauptforderung auch gegenüber dem Bürgen wirkt und dieser sich insoweit nicht auf eine Verjährung der Hauptschuld berufen kann.
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