Zum 01.01.2021 ist das „Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht“ in Kraft getreten.
Für das Miet- und Pachtrecht ordnet das neue Gesetz in Artikel 240 § 7 EGBGB an, dass – vereinfacht gesagt – der Rückgriff auf § 313 Absatz 1 BGB („Störung der Geschäftsgrundlage“) fingiert wird.
Damit sollen Mieter vom Vermieter eine Anpassung der Miete an die Umstände der COVID-19-Pandemie verlangen können – wenn die wirtschaftlichen Folgen für Mieter unzumutbar sind.
Neue Corona-Regelung
Die neue Regelung im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) lautet:
Artikel 240 § 7 EGBGB Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen
(1) Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.
(2) Absatz 1 ist auf Pachtverträge entsprechend anzuwenden.
Nunmehr steht fest, die Corona-Pandemie kann eine Störung der Geschäftsgrundlage darstellen. Die Frage, ob eine Anpassung der Miete angemessen ist, bleibt aber offen und muss im Einzelfall entschieden werden.
Rechtsprechung
Während auf die höchstrichterliche Rechtsprechung noch längere Zeit zu warten ist, haben erste Urteile der Landgerichte Heidelberg (Urteil v. 30.07.2020, 5 O 66/20), Zweibrücken (Urteil v. 11.09.2020, HK O 17/20) Frankfurt (Urteil v. 02.10.2020, 2-15 O 23/20) und jüngst auch Stuttgart (Urteil v. 19.11.2020, 11 O 215/20) für Einzelhandelsflächen die Pflicht zur Mietzahlung während des ersten Lockdowns aufrechterhalten und lehnen eine Mietminderung überwiegend ab.
Das Landgericht München I (Urteil v. 22.09.2020, 3 O 4495/20) und das Amtsgericht Pinneberg (Urteil v. 17.11.2020, 81 C 18/20), welche dem Mieter ein Minderungsrecht zugesprochen haben und das Landgericht Mönchengladbach (Urteil v. 02.11.2020, 12 O 154/20), welches eine Störung der Geschäftsgrundlage annimmt, haben sich – soweit ersichtlich – bisher gegen diese Tendenz gestellt und sehen das Verwendungsrisiko auch beim Vermieter.
Folgen der Mietrechtsänderung
Offen bleibt, welche Rechtsfolgen sich aus der Mietrechtsänderung ergeben. Ob und in welcher Höhe Mieter eine Anpassung des Mietvertrages in Form einer Anpassung der Miete oder einer Stundung verlangen können, wird weiterhin von den Umständen des Einzelfalls abhängen. Maßgebliche Faktoren bleiben
- die konkrete wirtschaftliche Situation,
- der Umfang der erlittenen Umsatzeinbußen der Mieter sowie
- Höhe und Zeitpunkt staatlicher Hilfen.
Praxistipp
Durch die Gesetzesänderung wurde die Verhandlungsposition von Mietern gestärkt. Abzuwarten bleibt, wie die höchstrichterliche Rechtsprechung ausfallen wird.
Die Tendenz geht jedoch wohl – insbesondere auch aufgrund der neuen gesetzlichen Regelung – zu einer Anpassung der Miete zugunsten der Mieter (vgl. auch LG München I, AG Pinneberg und LG Mönchengladbach).
Für die vertragliche Praxis kann es spätestens bei Neuabschlüssen von Mietverträgen empfehlenswert sein, Regelungen mit Risikoverteilungen zu Auswirkungen der Corona-Pandemie zu treffen und das Verwendungsrisiko einer Partei zuzuordnen oder zwischen den Parteien zu verteilen und zu begrenzen.
Für Rückfragen zu der aktuellen Entwicklung stehen wir gerne zur Verfügung.
Rechtsanwalt Carl Mang
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
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