OLG Brandenburg, Urteil v. 20.05.2020 – 11 U 74/18
Das OLG befasst sich in diesem Urteil mit der Frage, welche Anforderungen an eine Bedenkenanzeige nach § 4 Abs. 3 VOB/B zu stellen sind. Nach § 4 Abs. 3 VOB/B hat der Auftragnehmer etwaige Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung – also die Planung – unverzüglich und schriftlich mitzuteilen, um einer eigenen Haftung zu entgehen.
Auftragnehmer ist ein Heizungs- und Sanitärunternehmen, das entsprechend des Werkvertrags (noch vor der Baurechtsnovelle nach altem Recht geschlossen) Rohrbelüftungen an Holzbauelemente anbringt. Der Auftragnehmer meldet gegen die geänderten Architektenpläne Bedenken an: „diese Ausführung kann so nicht funktionieren“. Der Auftraggeber führte die Arbeiten trotzdem entsprechend der Pläne aus. Nach Fertigstellung kam es aufgrund der falsch angebrachten Rohrbelüftungen zu Geruchsbildung im Gebäude.
Wie eine solche ausreichende Bedenkenanmeldung aussehen muss, stellt das OLG Brandenburg in seinem Urteil vom 20.05.2020 klar. Der Senat des OLG stellt in seinem Urteil klar, dass eine solch pauschale Bedenkenanmeldung nicht ausreicht. Insbesondere reiche eine solche pauschale Erklärung dann nicht aus, wenn es sich bei dem Auftragnehmer – wie hier – um ein Fachunternehmen handelt, das gegenüber dem Auftraggeber einen Know-How-Vorsprung auf dem gegenständlichen Gebiet hat. Nach Ansicht des OLG müsse der Auftragnehmer im Rahmen seiner Bedenkenanmeldung „zutreffend, inhaltlich klar, vollständig und erschöpfend die nachteiligen Folgen der veränderten Abwasserrohrlüftung und die sich daraus ergebenden Gefahren konkret“ darlegen, damit für den Auftraggeber die Tragweite der Nichtbefolgung seines Hinweises erkennbar wird.
Praxistipp
Als Auftragnehmer ist es unerlässlich, die Leistungsbeschreibung, Pläne und Anordnungen des Auftraggebers gründlich auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Die Prüfung muss immer vor dem Hintergrund erfolgen, dass der Auftraggeber im Zweifel nicht der Fachmann für dieses Gewerk und der Auftragnehmer oftmals der einzige Beteiligte ist, der aufgrund seiner Fachkunde die Prüfung vornehmen kann. Sollte der Auftragnehmer Bedenken haben, so muss er diese unverzüglich anmelden. Die Bedenkenanmeldung muss eine detaillierte Beschreibung des Sachverhalts beinhalten, die fehlerhafte Planung belegen können und die möglichen negativen Folgen ausführlich darstellen. Pauschale Formulierungen sind tunlichst zu vermeiden. Aus Gründen der Beweissicherung sollte die Bedenkenanmeldung auch immer schriftlich erfolgen (selbst wenn dies bei einem BGB-Bauvertrag keine zwingende Voraussetzung ist) und der Zugang belegbar sein (z. B. mittels Versendung per Einschreiben).Erhält man als Auftraggeber eine Bedenkenanmeldung, die nicht den vorgenannten Anforderungen entspricht, sollte man sich über den Sachverhalt unbedingt Gedanken machen, Nachfragen und gegebenenfalls Rat einholen. Unterlässt man dies, obwohl die (zwar unzulängliche) Bedenkenanzeige trotzdem eine Warnung darstellt, kann auch den Auftraggeber ein Mitverschulden treffen.
Rechtsanwalt Fritz Zelta
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
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